Montag, 5. Dezember 2011

Klinikum Chemnitz - Das Review

Da ich Insasse im Klinikum Chemnitz seit nun insgesammt 7 Tagen bin, dachte ich: Ich verfasse mal ein Review.

Zur besseren Orientierung:
7 Tage = 168 Stunden = 10.080 Minuten = 604.800 Sekunden
Ja so lange bin ich schon hier, und wie es aussieht kommen wohl noch 1-2 Wochen hinzu.

Also, womit fange ich an? Vieleicht mit der Stelle wo die meisten ihren Kurzurlaub hier beginnen.

Die Rettungsstelle:

Die Rettungsstelle ist der Ort im Klinikum, wo die Leute in der Regel hingehen weil sie errettet werden wollen. Da aber scheinbar viele errettet werden wollen, sollte man VIEL Zeit mitbringen. Als ich letzten Montag dort mit dem Verdacht auf einen akuten Blinddarm angekommen bin, durfte ich, als Begrüßung sozusagen, noch 1 1/2 Stunden  im Wartezimmer verbringen, während sich das Klinikum erstmal nur um die Finanzierung meiner Behandlung bemühte. Als ich dann endlich hereingelassen wurde, hieß es erstmal... ja genau, warten... dann wurden meine Beschwerden aufgenommen und ich wurde in ein nicht-ganz-so gemütliches Bett verfrachtet wo sogleich (nach einer weiteren Stunde warten) die Ermittlung der Ursache meiner starken Unterbauchschmerzen begonnen haben. Insgesammt hat dies nur wenige Stunden (6 an der Zahl) gedauert. In dieser Zeit habe ich insgesammt 3 mal 2 verschiedenen Ärzten meine Krankengeschichte (Allergien und anderes Zeug) erklären müssen und wurde einmal ins CT geschoben und mir wurde von 3 verschiedenen Ärzten die Wampe mit einer Gleitgel-ähnlichen Flüssigkeit eingerieben und mit 2 verschiedenen Ultraschallgeräten untersucht. Nebenbei wurde mir auch schon mit einer alternativlosen (Wiki) OP gedroht; Den Behandlungsvertrag durfte ich dann prompt mit meinem Blut unterschreiben. Im Endeffekt war es dann doch nicht der Blinddarm, womit der Aufschlitzvertrag nichtig erklärt wurde. Allerdings wurde ermittelt dass mein Dünndarm durch einen aktiven Schub meiner Morbus Crohn  Erkrankung etwas in Mittleidenschaft gezogen wurde und sich darin ein sogenannter Tumor gebildet hatte. Glücklicherweise handelte es sich bei diesem Tumor nich um einen Krebstumor oder irgendetwas vergleichbar gefährliches, sondern nur um eine Art Batzen. (Dieser wird übrigens nur Tumor genannt um den Patienten weiter zu verängstigen) Als die Diagnose endlich klar war, konnte ich nach dieser Odyssee endlich auf Station.

Die Aufnahmestation:

Zu früh gefreut! Da alle Stationen restlos belegt waren, ging es erstmal in die Aufnahmestation. Diese unterschied sich vorallem technisch von dem was ich erwartet hatte. Im Klartext: Technik aus den 90er Jahren. Im Zimmer, das ich mir mit 2 älteren netten Leidensgenossen teilen durfte, befanden sich nicht-elektrisch einstellbare Krankenbetten. Dazu gab es eine alte Siemens Telefonanlage mit der man auch den alten Röhrenfernseher bedienen konnte. Allerdings musste man sich aber erstmal im Foyer am Automaten eine Telefonkarte kaufen (für mindestens 20 Euronen), selbst wenn man nur Fernsehen möchte. (Man benötigt des weiteren ein paar Kopfhörer, die man für 2€ ebenfalls am Automaten erwerben kann. / Zum Glück hatte ich meine Sennheiser mit) Die nächsten 2 Tage verbrachte ich nun ohne essen mit einem umständlich bedienbaren Fernseher (der zu allem Überfluss auch noch die Hälfte der Zeit gestreikt hat) und dem 3. Band der Harry Potter Saga (Englische Version). Nicht zu vergessen ist der nicht-abschließbare Duschraum auf dem Gang... Ich glaube ich habe mich noch nie so sehr mit dem Waschvorgang meines Körpers beeilt. Am Mittwoch war es dann soweit: Ich durfte auf Station 081 (Innere Medizin II) wechseln.

Die reguläre Station:

Es war wie eine Reise mit einer Zeitmaschiene! Ich fühlte mich endlich im 21. Jahrhundert angekommen. Zimmer mit modernem Aussehen, eigenem Duschraum, geräumigeren Bad, elektrisch verstellbaren Betten und eigenem Fernseher an einem beweglichen Wandausleger (der auch ohne Telefonkarte funktioniert). Zudem gibt es einen Tisch mit 2 Stühlen, einen Papierkorb und die aktuelle Ausgabe der Bibel (Neues Testament). Bei aller Kritik und vom kirchlichen Schmöker mal abgesehen hat mich das Zimmer postiv doch sehr überrascht. Nun hieß es aber die schon bezahlte Telefonkarte zurückzugeben. Blöderweise gibt der Automat nur Münzen zurück, und so war ich nun um 10 2€-Münzen reicher. Das Fernsehen selbst kostet nichts, es seidem man wählt noch ein paar PayTV Sender pro Tag dazu. Ab Donnerstag durfte ich dann endlich wieder Nahrung zu mir nehmen, damit komme ich nun auf den kulinarischen Teil meines Reviews.

Mahlzeiten:

Da ich wegen meines Darms hier bin, durfte ich zwei Tage lang das besondere Suppensortiment durch probieren. Da kriegt man alles von essbarer Kartoffel-Karotten-Suppe bis hin zu unidentifizierbaren Schleim auf den ich dann lieber verzichtet habe um mir nicht meine Geschmacksnerven zu verätzen. Nach 3 Tagen ohne Mahlzeit kann man dann auch noch auf eine "Suppe" verzichten. Heute ist jetzt schon der dritte Tag an dem ich Vollkost vorgesetzt kriege. Das Frühstück besteht dann meistens aus 3 kleinen Brötchen mit Butter, eine Scheibe Käse und etwas Konfitüre, die ich als solche nicht bezeichnen würde. Zusätzlich findet man dann auch noch verdünnten Kaffe, eine Schale Bohnen, Kekse und was sonst noch so von der Weihnachtsfeier übrig ist auf dem Tablett. Genauso "geschmackvoll" geht es dann beim Mittagessen weiter. Diese kann man in der Speisekarte (die im Zimmer ausliegt) einsehen. Auf der Karte sieht noch alles recht gut aus, man hat idR eine Auswahl aus 3 Gerichten (Vollkost, Diät-Vollkost und Vegetarisch). Leider sind viele der Gerichte einfach unterwürzt und nur in einer solchen Fülle vorhanden, dass man diese eher als Vorspeise ansehen kann. Im Vergleich zu den meisten Suppen sind diese Gerichte aber ein tatsächliches Highlight. Das Abendessen ist ähnlich Fad wie das Frühstück. 3 Scheiben dunkles oder Mischbrot und dazu ein wenig Wurst. Abgerundet wird dies wieder mit eher zufällig ausgewählen Beilagen wie Mandarinenkompott aus der Dose. Zum Glück bietet das Klinikgelände genügend Gelegenheit zur Selbstversorgung.

Alternative Nahrungsbezugsquellen:

Da die zur Verfügung gestellten Speisen nur recht selten zum schlemmen einladen, bietet das Klinikum Chemnitz noch weitere Anlaufstellen. Eine Möglichkeit wäre da zum Beispiel die Cafeteria im ersten Stock des hübsch anzusehenden Anbaus am Bettenhaus. Dort kann man sich Prima mit Kuchen, Kaffe, Eiscreme sowie diversen Warmspeisen eindecken. Diese bewegen sich preislich im moderaten Bereich. Zusätzlich werden natürlich auch Softdrinks, Haribo-Produkte und andere Waren für die runde Hüfte angeboten. Wer mal etwas besser essen will der kann alternativ auch in die 12. Etage ins Restaurant Flemming gehen. Sparfüchse können sich auch in dem, auf dem Krankenhausgelände befindlichen, Edeka-Markt eindecken. Das Problem am Krankenhaus ist ja auch nicht die Nahrungssuche, sondern eher wie man sich seine Zeit am besten vertreibt. Das bringt mich jetzt zu meinem letzten Punkt.

Beschäftigungsmöglichkeiten:

Durch die vorhandenen Fernsehgeräte (Die auch das hören von diversen Radiosendern ermöglichen) ist zumindest schonmal ein kleiner Grundstein gelegt der die meisten daran hindert an Langeweile zu verenden. Jedoch kann es für Nicht-Hartzer, die an das tägliche Fernsehprogramm nicht gewohnt sind, schwierig sein. Das gilt natürlich auch für Leute wie mich, die einen Fernseher nur als Dekorationsobjekt besitzen. Für solche Menschen gibt es noch die Möglichkeit sich im Kiosk (der sich im ersten Stock neben der Cafeteria befindet) mit Romanen und Zeitschriten einzudecken. Weiterhin kann man natürlich auch ins Internet (wie schreibe ich wohl diesen Blogeintrag gerade?). Das kostet dann 2€ am Tag, dafür muss man sich wieder eine solche Telefonkarte besorgen und beim Kauf den Internetzugang mit auswählen. Na mal sehen wie viel ich dann von den 50€ in Münzen zurück kriege, wenn ich meine Karte wieder einlöse, und ob diese Münzen dann noch Platz in meiner Geldbörse finden. Leider kann man sich nicht einfach per WLAN ins Netz einklinken. Nein, man muss sich doch tatsächlich noch ein Ethernetkabel besorgen und sich entweder im Internetcafe oder auf dem Zimmer einklinken. (5m Ethernetkabel gibts für 4 Euro im Automaten, neben den Billigkopfhörern) Naja egal, Hauptsache Internet. Des weiteren gibt es noch einen Friseur auf dem Gelände und einen versteckten Snack- und Kaffe-Automaten im zweiten Stockwert zwischen Kinderchirurgie, Krankenhausseelsorge und Laborbereich die dann auch Nachts zur Verfügung stehen.

So, ich hoffe ich konnte einen guten Überblick über das Klinikum Chemnitz und dessen Möglichkeiten bieten. Das wichtigste in diesem Zwangsurlaub ist es sich mit genießbaren Essen und technischen Anti-Langeweile Geräten und Büchern einzudecken. Somit lässt sich der Aufenthalt auch aushalten.

1 Kommentar:

  1. Gutes Review!
    Bisher habe ich Krankenhäuser ja meistens nur von außen gesehen. Habe auch kein Interesse eins anzutesten. Falls mich (hoffentlich nicht) das Schicksal doch mal ereilen sollte, weiß ich ja jetzt ungefähr, was mich erwartet.
    Das Review war sehr professionell geschrieben, Lob Lob!

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